Gas treibt weltweit Energiepreise hoch und höher

Eine Vielfalt an Faktoren haben den Gaspreis weltweit in ungewöhnliche Höhen treiben lassen. Er hat sich seit Ende letzten Jahres mehr als verdreifacht (vgl. Abbildung unten). Kohle, Öl und Strom folgten entsprechend und ein Ende ist nicht so schnell absehbar.

Gaspreis Jahresprodukt Baseload NCG Cal 22 und EUR, 30.09.2021 (EEX)

BFE Energieperspektiven 2050+

In Italien zahlen Kunden bereits 30% mehr für das Gas als im Sommer, in England haben sich die Börsenpreise teilweise vervierfacht – Regierungen reagieren, um Konsumenten zu schützen. Frankreich deckelt die Gaspreise für Kunden bis April 2022, der Gaspreis stieg seit Januar um 57%. Der französische Staat deckt Anbietern Verluste, wenn sie das Gas unter dem Beschaffungspreis an Konsumenten verkaufen müssen. Gasengpässe führen weltweit zu Abschaltungen von Industriebetrieben wie Aluminiumhütten in Mexiko bis zu Düngefabriken in Grossbritannien.

Ein Viertel der weltweiten Nachfrage nach Energie ist Gas. Damit ist Gas nach Kohle und Öl der wichtigste Energieträger der Welt und etwa gleich wichtig wie Wasserkraft, Kernenergie, Biomasse und erneuerbare Energien zusammen. Viele Länder nutzen Gas nun auch als Übergangstechnologie für den Umbau ihres Energiesystems hin zu einer CO2-freien Stromproduktion.

Auch die Schweiz diskutiert Gaskombikraftwerke als Übergangslösung für unsere Versorgung im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Kernenergie. Die Schweiz plant als Ersatz zu den auslaufenden Kernkraftwerken hohe Mengen an Photovoltaik (PV) auszubauen. Diese verstärken jedoch unsere bereits vorhandene Versorgungslücke im Winter vorübergehend (vgl. Abb. unten). Bis zum vollständigen Umbau im 2050 sollen in der Schweiz Importe die Winterlücke schliessen.

Die aktuelle Lage auf der Welt zeigt, dass wir gut daran tun, selbst unsere Versorgungssicherheit zu planen und uns nicht zu sehr auf Importe aus dem Ausland zu verlassen. Seit dem Scheitern der bilateralen Verträge ist es für die Schweiz noch unsicherer geworden, in einer Engpasssituation von der EU beliefert zu werden. Die aktuelle Situation zeigt jedoch auch, dass eine unglückliche Verknüpfung von Umständen die Verfügbarkeit eines Rohstoffs knapp werden lässt. Dies muss sorgfältig geplant und gesichert werden.

Eine Zusammenfassung verschiedener Quellen und ein kurzer Überblick über die Gründe für den starken Anstieg des Gas- bzw. der Energiepreise liefert «The Economist» (Podcast: 22.09.2021, NZZ 24.09.2021)

Eine Windflaute im Norden Europas führte zu massiv weniger Stromproduktion aus Windkraftwerken. Dürre in Lateinamerika reduzierte die Stromproduktion aus Wasserkraft – Brasilien beispielsweise deckt 65% des Strombedarfs aus Wasserkraftwerken. Kompensiert wurde mit Produktion aus Gaskraftwerken. Die Nachfrage nach LNG Gas (Liquified Natural Gas oder Flüssiggas) hat sich im laufenden Jahr in dieser Region mehr als verdoppelt. Die sich stark erholende Konsumnachfrage in Asien und der ungewöhnlich heisse Sommer erhöhten den Bedarf an Energie, v.a. nach Kohle und Gas.

Gleichzeitig mit dieser boomenden Nachfrage reduzierten LNG Gasanbieter ihr Angebot, teilweise durch Covid-bedingte Verzögerungen im Unterhalt, ungeplante Ausfälle durch Feuer in Norwegen und keine Ersatzlieferungen durch Russland. Russland deckt normalerweise einen Drittel der Gasnachfrage in Europa. Politische Motive werden vermutet. Amerika hat zwar die Produktion auf ein Maximum erhöht, was jedoch nicht für eine Ausbalancierung des Gasmarktes in Europa ausreicht.

Wie reagierten die Länder auf diese Überhitzung? Europa substituiert mit mehr Energieproduktion aus Kohle, andere Länder wie Pakistan und Bangladesch haben von Gas auf Öl gewechselt. Ein warmer Winter würde helfen, die Prognosen gehen jedoch vom Gegenteil aus. Es muss mit weiterhin anhaltend hohen Energiepreisen gerechnet werden.

 

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